Die Materialien, die Edward Snowden den Journalisten in Hong Kong mitgegeben hat, sind größtenteils Präsentationsfolien im Power Point Stil. Sie sind übersät mit kryptischen Abkürzungen und Schemas aus der US-amerikanischen Geheimdienstwelt. Wer sich hier nicht auskennt, hat verloren. Um sie richtig zu interpretieren und vor allem, um daraus dann die passenden Schlüsse daraus zu ziehen, habe ich mit unterschiedlichen Experten gesprochen, die ganz verschiedene Fach- und Spezialgebiete haben.

Politisch einordnen und bewerten:

Hans-Christian Ströbele, Mitglied des Deutschen Bundestages für die Grünen. Im Oktober 2013 trifft er in Moskau als erster Politiker Edward Snowden nach seiner Flucht aus Hong Kong. Stöbele ist einer der ältesten Abgeordneten im Deutschen Bundestag und fordert Asyl für Edward Snowden in Deutschland.

Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/ die Grünen) ist als jüngster deutscher Abgeordneter Mitglied des Europäischen Parlaments. Seit dem Frühjahr 2012 arbeitet er hauptsächlich an einer neuen europaweiten Datenschutzverordnung und erlebt seitdem den größten „Lobby-Tsunami“, den es in Brüssel jemals gab. Er fürchtet, dass mit dem zunehmendem Ausverkauf unserer Daten auch unsere Selbstbestimmung verloren geht.

Kurt Opsahl ist Jurist und arbeitet für die amerikanische Nichtregierungsorganisation „Electronic Frontier Foundation“, EFF. Die EFF setzt sich für die Rechte der Internetnutzer ein und ist eines der wenigen Gegengewichte zu den milliardenschweren Silicon Valley Unternehmen.

Christopher Soghoian ist ein amerikanisch-britischer Aktivist bei der ACLU, der „American Civil Liberties Union“, eine Nichtregierungsorganisation, die sich für die bürgerliche Freiheit in den USA einsetzt. Die ACLU vertritt aktuell Edward Snowden in rechtlichen Angelegenheiten.

Nils Zurawski forscht als Soziologe an der Universität Hamburg am Institut für kriminologische Sozialforschung. Zurawski ist Teil des „Forschungsnetzwerks zu Überwachung, Technologie und Kontrolle“. Er untersucht wie sich eine überwachte Gesellschaft verändert und wie sich innerhalb von geschlossenen Systemen eine eigene Kultur herausbildet.

Fachliche Expertise und Kenntnis von Originaldokumenten:

Jacob Appelbaum, Aktivist und Softwareentwickler, der sich auch als Journalist betätigt. Er gehört zu denen, die die 1,7 Millionen Geheimdokumente unaufhaltsam ausschöpfen und die Veröffentlichungen gegen alle Widerstände vorantreiben. Derzeit lebt er in Berlin, weil er sich von amerikanischen Geheimdiensten überwacht und bedroht fühlt.

Andy Müller-Maghun war langjähriges Mitglied des Vorstands des Chaos Computer Clubs. Der Hacker und Sicherheitsexperte ist gut bekannt mit Jacob Appelbaum und Julian Assange. 2013 erschien ihr gemeinsames Buch „Cypherpunks: Unsere Freiheit und Zukunft des Internets“, in dem sie vieles, was heute durch Edward Snowden belegt ist, bereits angesprochen hatten.

Erich Schmidt-Eenboom, Geheimdienstexperte am Forschungsinstitut für Friedenspolitik e.V., forscht und recherchiert seit Jahrzehnten zu den Diensten, ihrer Arbeitsweise und Kooperationen. Weil seine Nachforschungen so weit gingen, wurde er in den 90er-Jahren selbst vom BND überwacht. Er charakterisiert das Verhältnis BND zu NSA wie ein „kleiner zu einem großen Bruder“ und ordnet die Rolle des deutschen Dienstes in die NSA-Affäre ein.

Duncan Campbell ist ein britischer Investigativjournalist und Gutachter. Campbell gilt als Koryphäe, wenn es um nachrichtendienstliche Aufklärung geht. Er publiziert bereits 1988 als erster detaillierte Informationen über das Spionagenetzwerk „Echelon“ und fertigt in den 90er Jahren ein umfangreiches Gutachten über die Aktivitäten der Five Eyes für das Europäische Parlament an. Abhörstationen sind bis heute seine Spezialität.

Nicky Hager ist Investigativjournalist aus Neuseeland. Er veröffentlicht 1996 sein Buch „Secret Power“, „Geheime Macht“. Über Jahre hinweg hat er geheime Informationen gesammelt und sie wie ein Puzzle zusammengesetzt. Auf rund 300 Seiten enthüllt er die Funktionsweise von Echelon und tritt 2001 als Zeuge vor dem Europäischen Parlament auf.

Experten für Big Data, Kryptografie und Internet-Sicherheit

Prof. Dr. Viktor Mayer-Schönberger forscht und lehrt am Oxford Internet Institute. Der gebürtige Österreicher gilt als Netz-Vordenker und wurde zunächst durch seine Ideen zum „Recht auf Vergessenwerden“ bekannt. 2013 erscheint sein Buch „Big Data. Die Revolution die unser Leben verändern wird“, in dem er sich mit den Funktionsweisen und Auswirkungen von Big Data beschäftigt. In meinem Buch frage ich ihn vor allem danach, was Polizeien, Geheimdienste und Behörden mit umfangreichen Datenmassen anfangen können, wo Gefahren und Risiken liegen.

Prof. Dr. Jörn Müller-Quade, forscht und lehrt als Informatikprofessor am Karlsruher Institut für Technologie, am Kompetenzzentrum für Cybersicherheit KASTEL, einem von drei derartigen Zentren in Deutschland. Sein Spezialgebiet ist die Kryptografie. Die NSA hat die Mathematik, die hinter Verschlüsselungstechnologien steckt, nicht gebrochen aber sie hat Schwachstellen gefunden, produziert und ausgenutzt.

Dr. Sebastian Denef, deutscher Sicherheitsforscher am Fraunhofer-Institut in Bonn. Er untersuchte in dem von der EU-geförderten Forschungsprojekt „Composite“, inwieweit europäische Polizeien soziale Netzwerke für sich und zur Verbrechensbekämpfung nutzen.

Prof. Dr. Thorsten Holz ist Informatikprofessor an der Ruhr-Universität Bochum am Lehrstuhl für Systemsicherheit. Er ist Spezialist, wenn es um rechnerbasierte Angriffe auf Computersysteme geht und analysiert aktuelle Angriffstrends.